Landtagswahlen Liechtenstein
8. Politisches System & Aussenbeziehungen (0/6)

1. Soll Liechtenstein weitgehend darauf verzichten, völkerrechtlich nicht verpflichtende wirtschaftliche Sanktionen gegenüber anderen Ländern mitzutragen?

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Liechtenstein ist seit 1990 Mitglied der UNO und völkerrechtlich verpflichtet, Sanktionen umsetzen, die der UNO-Sicherheitsrat in Form von Resolutionen beschliesst. Solche Sanktionen sind Massnahmen nichtmilitärischer Art gegenüber einzelnen Staaten, Organisationen oder Personen. Sie betreffen unter anderem den Verkehr von Waren, Dienstleistungen, Zahlungen, Kapital und von Personen.

Sanktionen der UNO und der EU
Ziel dieser Sanktionen ist es, das Völkerrecht und die Menschenrechte zu schützen und ihre Einhaltung zu gewährleisten.

Darüber hinaus beteiligt sich Liechtenstein auch an bestimmten Sanktionen der Europäischen Union. Die Grundlage hierfür bildet das «Gesetz über die Durchsetzung internationaler Sanktionen (ISG)».

Dieses Gesetz ermöglicht es Liechtenstein, Sanktionen der EU im Rahmen ihrer gemeinsamen Aussen- und Sicherheitspolitik zu übernehmen. Da die aussenpolitischen Prioritäten Liechtensteins häufig mit denen der EU übereinstimmen, werden diese Sanktionen regelmässig mitgetragen.

Entscheidungen über die Umsetzung von Sanktionen
Es besteht jedoch im Gegensatz zu den Sanktionen des Sicherheitsrates der UNO keine völkerrechtliche Verpflichtung zur Umsetzung dieser EU-Sanktionen. Die Umsetzung erfolgt im Einzelfall durch Verordnung.

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2. Soll Liechtenstein mehr für die Armutsbekämpfung in Entwicklungs- und Transitionsländern tun als bisher?

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Eine der Prioritäten der Liechtensteiner Aussenpolitik ist die internationale Solidarität und damit verbundene Hilfe, um Armut in Entwicklungs- und Transitionsländern zu reduzieren. Es gibt verschiedene Meinungen dazu, wie viel Liechtenstein dafür tun soll.

Ausgaben für Entwicklungshilfe
Die Abbildung zeigt, wie viel Geld Liechtenstein von 2000 bis 2020 für Entwicklungshilfe ausgegeben hat, und zwar in Prozent des Bruttonationaleinkommens (BNE). Quelle: Amt für Statistik Liechtenstein.

ODA (Official Development Assistance) ist eine international anerkannte Messgrösse für Entwicklungsleistungen verschiedener Länder. Sie wurde in der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) entwickelt.

Mit ODA-Ausgaben sind also die Ausgaben der offiziellen Entwicklungsarbeit Liechtensteins gemeint. Privates Engagement oder private Spenden gelten nicht als ODA. Im Jahr 2022 gab Liechtenstein insgesamt CHF 31,5 Mio. für Entwicklungshilfe aus.

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3. Soll die Anzahl erforderlicher Unterschriften für Volksinitiativen und Referenden erhöht werden?

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Die direkte Demokratie spielt eine zentrale Rolle im politischen System Liechtensteins. Jede stimmberechtigte Person hat die Möglichkeit, eine Volksinitiative einzubringen oder ein Referendum gegen einen Beschluss des Landtags zu starten. Dies wird durch das «Gesetz betreffend die Ausübung der politischen Volksrechte in Landesangelegenheiten» geregelt.

Anzahl Unterschriften
Aktuell sind für eine Volksinitiative oder ein Referendum mindestens 1000 Unterschriften erforderlich, wenn es um Gesetze geht. Bei Änderungen der Verfassung oder Staatsverträgen sind 1500 Unterschriften notwendig.

Die Zahl der benötigten Unterschriften ist seit 1984 unverändert geblieben. Seitdem ist jedoch die Anzahl der stimmberechtigten Personen um über 70 Prozent gestiegen. Dadurch hat sich der Anteil der erforderlichen Unterschriften im Verhältnis zur Gesamtzahl der Stimmberechtigten verringert. Das bedeutet: Es ist jetzt einfacher, genügend Unterschriften für eine Abstimmung zu sammeln.

Rekord an Abstimmungen

Im Jahr 2024 gab es in Liechtenstein acht Abstimmungen – ein Rekord. Bislang lag die Höchstzahl bei fünf Abstimmungen in einem Jahr.

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4. Sind Sie für die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre?

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Das Wahlalter wurde in Liechtenstein, wie in vielen anderen Staaten, im Laufe der Zeit schrittweise gesenkt.

Geschichtlicher Überblick
1862 durften laut Verfassung Männer ab 24 Jahren wählen. 1921 wurde das Wahlalter auf 21 Jahre herabgesetzt, nachdem dies zwei Jahre zuvor in einer Volksabstimmung noch abgelehnt worden war. Ab 1969 durften Männer bereits ab 20 Jahren wählen und abstimmen.

1984 wurde das Wahl- und Stimmrecht auf Frauen ausgeweitet.

Im Jahr 2000 senkte der Landtag das Wahlalter auf 18 Jahre. Diese Neuregelung trat ohne Volksabstimmung in Kraft, obwohl 1992 eine Senkung des Wahlalters auf 18 Jahre noch abgelehnt worden war.

Wahlrecht und Volljährigkeit
In den meisten Ländern entspricht das Wahlalter der Volljährigkeit. In Liechtenstein beträgt es 18 Jahre (seit dem Jahr 2000), genau wie in der Schweiz (seit 1991).

Wahlrecht ab 16 Jahren
Österreich hat 2007 als erstes EU-Mitgliedsland das aktive Wahlrecht ab 16 Jahren eingeführt. Das passive Wahlrecht, also die Möglichkeit, in ein Amt gewählt zu werden, gilt dort jedoch erst ab 18 Jahren. Im Schweizer Kanton Glarus ist die Regelung ähnlich: Dort dürfen junge Menschen ab 16 Jahren wählen und abstimmen, aber erst ab 18 Jahren in ein Amt gewählt werden.

Entscheidung des Landtags
Im Jahr 2020 starteten junge Menschen in Liechtenstein eine Petition für ein aktives Wahlrecht ab 16 Jahren auf Gemeinde- und Landesebene. Die Junge Liste richtete eine Petition zum Thema an den Landtag, der diese an die Regierung überwies. 2022 brachte die Freie Liste zusammen mit der Jungen Liste eine Motion in den Landtag ein, mit der die Regierung beauftragt werden sollte, Massnahmen zur Senkung des Wahlalters zu ergreifen. Diese Motion wurde jedoch vom Landtag mit 13 zu 12 Stimmen knapp abgelehnt und nicht an die Regierung weitergeleitet.
Das Wahlalter beträgt bis auf Weiteres 18 Jahre.

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5. Soll der Staat kleine private Medienunternehmen mit Medienförderung mehr unterstützen?

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Seit 2000 gibt es das Medienförderungsgesetz (MFG). Private Medienunternehmen bekommen Geld vom Staat oder werden entsprechend gefördert, wenn sie bestimmte Voraussetzungen erfüllen.

Kriterien
Die Kriterien der Medienförderung seit 2006 sind:

·       Private Medien müssen politische Themen und Ereignissen aus Liechtenstein behandeln.

·       Sie müssen einen wesentlichen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung in Liechtenstein leisten.

·       Sie müssen den Inhalt überwiegend in journalistisch-redaktionell verarbeiteter Form verbreiten.

·       Mindestens ein Mitarbeitender muss hauptberuflich für den Inhalt verantwortlich sein (siehe Artikel 4 MFG).

·       Die Publikation muss mindestens zehnmal pro Jahr erscheinen.

Bislang erfüllten sechs Medien diese Voraussetzungen:

·       Die Tageszeitungen Liechtensteiner Vaterland und Liechtensteiner Volksblatt (bis zu seiner Einstellung)

·       1FLTV

·       Liewo

·       Lie:Zeit

·       Seit 2024 auch der Landesspiegel

Anpassung der Medienförderung
Nach der Einstellung des Liechtensteiner Volksblatts im Jahr 2023 forderte der Landtag eine Anpassung der Medienförderung.

Die Regierung legte deshalb im Frühling 2024 einen «Bericht und Antrag zur Abänderung des Medienförderungsgesetzes» vor (BuA Nr. 64/2024). In diesem ist eine Erhöhung des Sockelbeitrags von CHF 20’000 auf CHF 100’000 vorgesehen. Das soll vor allem kleinen Medienunternehmen helfen.  Auch die Entwicklung neuer digitaler Medienangebote soll gefördert werden. Neue Marktteilnehmende sollen eine Anschubfinanzierung bekommen.

Die Verbreitungskosten sollen ebenso mehr beachtet werden. Dabei soll der Fördersatz von 25 Prozent auf 30 Prozent steigen.

Das Medienförderungsgesetz wurde in der ersten Lesung behandelt. Die zweite Lesung folgt(e) im Dezember 2024.

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6. Würden Sie es begrüssen, wenn für jedes neue Gesetz ein bestehendes Gesetz aufgehoben würde (sogenannte «One-in-one-out-Regel»)?

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Viele Menschen kritisieren eine zu hohe Anzahl an Gesetzen. Ihrer Meinung nach führt eine steigende Zahl von Gesetzen zu mehr Bürokratie. Das verursacht zusätzliche Kosten. Zudem wird eine sogenannte Überregulierung oft als Belastung und potenzielle Gefahr für den Wirtschaftsstandort angesehen.

Mögliche Massnahme 
In Liechtenstein und anderen Ländern wurde deshalb diskutiert, wie eine Überregulierung eingedämmt werden kann. Eine mögliche Massnahme ist die sogenannte «One-in-one-out-Regel». Diese Regel besagt, dass für jedes neue Gesetz ein altes Gesetz in einem bestimmten Bereich/Thema (im davon betroffenen Ministerium oder Amt) aufgehoben werden muss.

Das ersetzte Gesetz sollte möglichst gleichwertig sein. Das heisst: Es betrifft die gleichen Adressaten, verursacht vergleichbare Kosten oder greift in ähnlicher Weise in Freiheitsrechte ein. Auf diese Weise soll die Gesamtbelastung durch Gesetze stabil bleiben.

Ausnahmen: EU-Richtlinien und internationale Verträge
Länder wie das Vereinigte Königreich und Deutschland haben diese Regel bereits eingeführt. Allerdings gibt es in diesen Ländern Ausnahmen dazu, insbesondere für EU-Richtlinien oder EU-Vorgaben sowie Vorhaben, die sich aus internationalen Verträgen ergeben.

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