Landtagswahlen Liechtenstein
4. Gesellschaft, Kultur & Ethik (0/6)

1. Soll neben "weiblich" und "männlich" ein drittes amtliches Geschlecht eingeführt werden?

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Erläuterungen

Das dritte Geschlecht bezeichnet einen rechtlichen Eintrag für Personen, die sich weder als «weiblich» noch als «männlich» einordnen möchten oder sich diesen Bezeichnungen nicht eindeutig zuordnen können.

In Liechtenstein kann man aktuell kein drittes Geschlecht rechtlich eintragen lassen. In den Nachbarländern wurde in den letzten Jahren darüber diskutiert, ob die Möglichkeit geschaffen werden soll, ein drittes Geschlecht anzugeben oder auf die Angabe des Geschlechts zu verzichten.

In Deutschland und Österreich
In Deutschland gibt es seit 2018 den Eintrag «divers» für ein drittes Geschlecht und in Österreich seit 2019.

In der Schweiz

In der Schweiz hat der Bundesrat 2022 die Einführung eines amtlichen dritten Geschlechts geprüft. Er entschied sich dagegen und lehnte auch die Möglichkeit ab, auf den Geschlechtseintrag zu verzichten. Als Begründung führte er an, dass die Auswirkungen einer solchen Änderung in der Gesellschaft noch nicht ausreichend diskutiert worden seien und die dafür notwendigen gesellschaftlichen Voraussetzungen damals nicht gegeben waren.

In 20 Staaten der Welt anerkannt

Insgesamt erkennen 20 Staaten ein drittes Geschlecht rechtlich an, darunter Dänemark, Spanien, die Niederlande, Australien, Kanada und die USA sowie die oben erwähnten Länder Deutschland und Österreich.

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2. Sollen die evangelischen und orthodoxen Kirchen sowie die muslimischen Gemeinschaften gleichbehandelt werden wie die römisch-katholische Kirche (z. B. finanziell und beim Erteilen des Religionsunterrichts)?

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Erläuterungen

Die römisch-katholische Kirche ist laut Verfassung die Landeskirche in Liechtenstein. Alle anderen Religionsgemeinschaften müssen sich privatrechtlich selbst organisieren.

Erzbistum Vaduz
Im Jahr 1997 wurde Vaduz zum Erzbistum erhoben. Das Erzbistum verwaltet die römisch-katholische Kirche in Liechtenstein und erstreckt sich über das gesamte Staatsgebiet. Seit diesem Zeitpunkt gibt es Forderungen, das Verhältnis von Kirche und Staat neu zu regeln.

Bis heute ist die römisch-katholische Kirche die einzige öffentlich anerkannte Religionsgemeinschaft im Land. Sie wird direkt aus den allgemeinen Steuern finanziert. Auch die Gemeinden unterstützen sie finanziell stark.

Religionsunterricht
Die römisch-katholische und die evangelische Kirche dürfen an allen öffentlichen Schulen Religionsunterricht erteilen. Ein islamischer Religionsunterricht wurde zunächst als Pilotprojekt eingeführt – als freiwilliges, ausserschulisches Wahlangebot für Primarschulkinder. Eine endgültige Einführung erfolgt, sobald der Landtag zustimmt.

Religionsgemeinschaftengesetz
Die Regierung hat dem Landtag ein Religionsgemeinschaftengesetz vorgelegt. Im April 2024 wurde das neue Gesetz zum ersten Mal (erste Lesung) im Landtag behandelt. Die zweite Lesung wird nicht mehr in der Legislaturperiode 2021–2025 erfolgen.

Laut Gesetzesentwurf der Regierung würde die römisch-katholische Kirche ihren Status als Landeskirche behalten. Neu würden auch die evangelische und die evangelisch-lutherische Kirche staatlich anerkannt.

Diese Anerkennung würde auch anderen Religionsgemeinschaften offenstehen, wenn sie bestimmte Bedingungen erfüllen: mindestens 200 Mitglieder, mindestens 20 Jahre im Land tätig, Anerkennung der liechtensteinischen Rechtsordnung usw.

Das Religionsgemeinschaftengesetz kann erst in Kraft treten, wenn der Staat, die Gemeinden und die römisch-katholische Kirche fertig verhandelt haben und sie eine gemeinsame Regelung gefunden haben.

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3. Würden Sie es begrüssen, wenn in Liechtenstein die direkte aktive Sterbehilfe durch die Ärztin oder den Arzt erlaubt wäre?

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Erläuterungen

Es gibt verschiedene Arten von Sterbehilfe: direkte aktive Sterbehilfe, passive Sterbehilfe und Beihilfe zur Selbsttötung. Bei dieser Frage geht es um die direkte aktive Sterbehilfe.

Direkte aktive Sterbehilfe
Das bedeutet: Die gezielte Tötung einer Person auf deren eigenen Wunsch hin. Das nennt man «Tötung auf Verlangen». Die Voraussetzung dafür ist, dass die Person sehr stark und dauerhaft leidet. Die Ärztin oder der Arzt gibt der Person eine Spritze, die sofort zum Tod führt.

In Liechtenstein ist diese Art von Sterbehilfe verboten. In anderen Ländern wie den Niederlanden, Belgien, Spanien, Luxemburg, Kolumbien, Neuseeland und Kanada ist sie erlaubt.

Passive Sterbehilfe
Bei der passiven Sterbehilfe werden lebenserhaltende Massnahmen eingestellt oder von vornherein nicht durchgeführt. Die Person stirbt auf natürlichem Weg. In Liechtenstein ist das erlaubt, wenn die Person urteilsfähig ist und das ausdrücklich wünscht.

Urteilsfähig bedeutet, dass die Person die Konsequenzen ihres Handelns versteht und eigenständig Entscheidungen treffen kann.

Patientenverfügung
Man kann passive Sterbehilfe auch in einer Patientenverfügung regeln. In diesem Dokument wird festgehalten, welche Massnahmen im Ernstfall ergriffen oder unterlassen werden sollen. Zum Beispiel: Was soll geschehen, wenn man unheilbar krank ist oder im Sterben liegt? Auf diese Weise kann man frühzeitig bestimmen, dass keine lebenserhaltenden Massnahmen gewünscht sind.

Die Patientenverfügung gilt, wenn die Person nicht mehr selbst entscheiden kann und keine Heilung möglich ist.

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4. Soll die Regierung bei Pandemien und Krisen den Landtag anhören, bevor sie Einschränkungen des Privatlebens anordnet?

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Erläuterungen

In Notsituationen, Krisen oder bei Pandemien muss ein Staat schnell handeln können. Die Regierung kann dann Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung oder der öffentlichen Gesundheit, wie etwa bei der Corona-Pandemie, anordnen.

Handlungsfähigkeit der Regierung
Regierungen wird gemeinhin eher zugetraut, schneller zu handeln als Parlamente. Daher spricht man in Krisenzeiten oft von «Zeiten der Exekutive».

Handlungsfähigkeit des Landtags
Bei der Corona-Pandemie gab es Kritik am Landtag: Als gewählte Vertretung des Volkes habe er seine Funktion in dieser Zeit nicht ausreichend wahrgenommen bzw. wahrnehmen können. Andere Stimmen wiederum widersprachen dieser Kritik.

Die Demokraten pro Liechtenstein (DpL) forderten 2022, dass die Regierung in Krisensituationen zunächst den Landtag anhören muss – insbesondere, wenn es um grössere Einschränkungen des Privatlebens der Bevölkerung geht. Massnahmen dürften erst danach erlassen werden. Der Landtag entschied am 10. März 2022, die Forderung nicht an die Regierung weiterzuleiten.

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5. Sind Sie für ein Genderverbot mit Sonderzeichen an Schulen, Universitäten und in Behörden in Liechtenstein?

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Erläuterungen

Geschlechtergerechte Sprache hat das Ziel, Frauen und Männer sprachlich gleichzubehandeln. Früher nutzte man oft die männliche Form dafür (z.B. alle Bürger). Heute lehnen manche das ab. Stattdessen nutzt man geschlechtsneutrale Formulierungen (z.B. Mitarbeitende) oder Paarformen (z.B. alle Bürgerinnen und Bürger). Es gibt aber auch Sonderzeichen wie den Genderstern (z.B. alle Bürger*innen), der geschlechtliche Vielfalt zeigen soll.

Verbot in Bayern
Manche Regionen verbieten diese Sonderzeichen. In Bayern gilt das Verbot seit März 2024 an Schulen und in Behörden.

Handhabung in der Stadt Zürich
Die Zürcher Stimmbevölkerung hat am 24. November 2024 über die «Genderstern-Initiative» abgestimmt. Die Volksinitiative wollte, dass die Stadt in ihren amtlichen Dokumenten den Genderstern nicht mehr verwenden darf. Die Initiative wurde abgelehnt.

Handhabung in Liechtenstein
In Liechtenstein gibt es dazu weder Verbote noch Gebote. 1994 gab die Regierung eine Weisung an die Landesverwaltung heraus: «[…] zur sprachlichen Gleichbehandlung von Frau und Mann» (RB: 361/73/94). 2004 erneuerte sie diese Weisung zur geschlechtergerechten Sprache. 2021 gab das Amt für Soziale Dienste einen Leitfaden zur geschlechtergerechten Sprache heraus.

Der Rat für deutsche Rechtschreibung gab 2023 folgende Empfehlung heraus: Man soll keine Sonderzeichen im Wortinneren verwenden. Solche Zeichen würden die Wortbildung und Grammatik stören und könnten die Verständlichkeit von Texten verschlechtern. Gleichzeitig bekräftigte der Rat seine Auffassung, dass allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll. Dies sei jedoch eine gesellschaftliche und gesellschaftspolitische Aufgabe, die nicht mit orthografischen Regeln und Änderungen der Rechtschreibung gelöst werden könne. Der Rat ist die massgebende Instanz in Fragen der deutschen Rechtschreibung. Dem Gremium gehört auch Liechtenstein an.

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6. Soll man in Liechtenstein Sachbeschädigungen im öffentlichen Raum strenger verfolgen und härter bestrafen?

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Erläuterungen

In den Medien liest man oft über Sachbeschädigungen im Land. Laut Jahresbericht 2023 der Landespolizei gab es 135 Vorfälle. Im Jahr 2022 waren es 148.

Sachbeschädigungen
Dazu zählen zum Beispiel Schmierereien an Bushaltestellen, eingeschlagene Scheiben oder Beschädigungen an öffentlichen Toiletten. Auch kaputte Gehweglampen oder Gegenstände auf Sportanlagen zählen dazu. Die Polizei informiert darüber und bittet Zeugen, sich zu melden.

Strafen
Laut Paragraf 125 und Paragraf 126 im Strafgesetzbuch wird Sachbeschädigung mit bis zu sechs Monaten Gefängnis oder einer Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen bestraft.
Bei schwerer Sachbeschädigung kann die Strafe bis zu zwei Jahre Gefängnis betragen. Schwere Sachbeschädigung liegt vor, wenn sie an einem Gegenstand des Gottesdiensts oder der religiösen Verehrung, an einem öffentlichen Denkmal oder einer Sache von sonstigem besonderem Wert erfolgt. Auch Sachen der öffentlichen Sicherheit oder Landesverteidigung zählen dazu.

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