Nationalratswahlen 2023
11. Sicherheit & Armee (0/5)

1. Befürworten Sie einen Ausbau des Armee-Sollbestandes auf mindestens 120'000 Soldat/-innen?

2. Soll die Schweizer Armee die Zusammenarbeit mit der NATO ausbauen?

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Erläuterungen

Die Organisation des Nordatlantikvertrags (NATO) ist ein militärisches und politisches Bündnis von 31 europäischen und nordamerikanischen Staaten. Aufgrund des Angriffskrieges gegen die Ukraine ist im Frühling 2023 zuletzt Finnland beigetreten. Der Beitritt von Schweden ist noch ausstehend und muss von Ungarn und der Türkei ratifiziert werden.

Die Schweiz gehört nicht zur NATO, ist aber Teil des Instruments “Partnerschaft für den Frieden” (PfP), welches die kollektive Sicherheit zum Ziel hat. Das PfP ermöglicht es der NATO, mit Partnerländern aus Europa, Zentralasien und dem Südkaukasus zusammenzuarbeiten. Ein Beitritt der Schweiz zur NATO ist mit der Neutralität, die den Beitritt zu Militärbündnissen verbietet, nicht vereinbar.

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3. Soll der Bundesrat in Fällen eines völkerrechtswidrigen Angriffskrieges (z.B. der Angriff auf die Ukraine) anderen Staaten die Wiederausfuhr von Schweizer Waffen erlauben dürfen?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Wenn sich zwei Staaten im Konflikt befinden, verbietet das schweizerische Neutralitätsrecht die Einmischung in das Kriegsgeschehen durch Waffenlieferungen. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn beide Konfliktparteien bei der Belieferung gleich behandelt werden. 

Dieser Grundsatz bleibt bestehen, selbst wenn ein fremdes Land Kriegsmaterial in der Schweiz erwirbt. In solchen Fällen sind die Länder heute verpflichtet, eine sogenannte  Nichtwiederausfuhr-Erklärung abzugeben, die die erneute Ausfuhr verhindert (Artikel 18 des Kriegsmaterialgesetzes). 

Bei einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg stellt die UNO-Generalversammlung eine qualifizierte Verletzung des Gewaltverbots und einen bewaffneten Angriff fest. Angriffskriege auf einen souveränen Staat sind seit der UNO-Charta von 1945 völkerrechtswidrig. Wäre es anderen Staaten erlaubt, Schweizer Waffen in solchen Fällen weiterzuverkaufen, könnten Drittstaaten das erworbene Kriegsmaterial an eine Kriegspartei (z.B. Ukraine) weiterreichen.

Die Sicherheitszusammenarbeit mit gleichgesinnten Staaten würde durch die Möglichkeit zur Wiederausfuhr von Schweizer Waffen gefördert werden. 

Bei einem völkerrechtswidrigen Angriffskrieg hat die Schweiz als Teil der UNO eine moralische Verantwortung gegenüber der internationalen Gemeinschaft und den Grundsätzen der UNO-Charta, sich bei Massnahmen gegen Aggressoren aktiv mit zu beteiligen.

Die Erlaubnis der Wiederausfuhr würde den Export von Schweizer Kriegsmaterial ankurbeln und wirtschaftliche Vorteile mit sich bringen.

Die rechtliche Vereinbarkeit der Wiederausfuhr von Waffen mit der Neutralität ist umstritten. 

Die Schweiz hat eine moralische Verantwortung, nicht zu konfliktfördernden Handlungen beizutragen, selbst indirekt durch Waffenlieferungen. Dessen Erlaubnis würde der Reputation als neutrales und friedliebender Staat schaden. 

Das Risiko für einen Missbrauch der Waffen ist durch eine Wiederausfuhr erhöht: Waffen, die in gutem Glauben an Partnerländer geliefert wurden, könnten für andere Zwecke eingesetzt werden als ursprünglich vorgesehen. Generell besteht eine erhöhte Gefahr für eine Eskalation der Gewalt, da durch die Wiederausfuhr mehr Waffen in den Umlauf kommen.

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4. Soll die automatische Gesichtserkennung im öffentlichen Raum verboten werden?

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Erläuterungen
Pro
Contra

In Europa verbreiten sich Gesichtserkennungssysteme immer stärker. Dies ermöglicht den Behörden die Überwachung des öffentlichen Raums. Das Europäische Parlament fordert nun ein Verbot von Systemen zur Gesichtserkennung in Echtzeit im öffentlichen Raum.

In der Schweiz gibt es bisher keine gesetzliche Grundlage, die biometrische Erkennungssysteme verbieten würde. Recherchen zeigen, dass automatisierte Gesichtserkennungssoftware bereits heute bei Schweizer Strafverfolgungsbehörden angewendet werden, jedoch variiert dies je nach Kanton.

Biometrische Erkennungssystem werden einerseits zur Authentifizierung von Individuen (one-to-one matching) eingesetzt, andererseits zur Identifizierung eines Individuums aus einer Masse heraus (one-to-many matching). Ersteres wird beispielsweise bei der Grenzkontrolle am Zürcher Flughafen eingesetzt. Das Verbot würde sich auf das one-to-many Matching beziehen.

Die automatische Gesichtserkennung stellt eine Bedrohung der Grundrechte dar, insbesondere das Recht auf Privatsphäre und den Schutz persönlicher Informationen. Negative Auswirkungen kann es auch auf das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit geben, wenn Menschen aus Sorge vor Repressalien oder Überwachung durch private oder staatliche Akteure sich selbst zensieren.

Die Technologie hat strukturelle Fehler und kann Diskriminierung fördern. Die Daten, die den Algorithmus trainieren, umfassen mehrheitlich weisse, männliche Personen. Nicht-weisse und nicht-männliche Gesichter werden dementsprechend weniger zuverlässig erkannt.

Ein Verbot verhindert die staatliche Massenüberwachung des öffentlichen Raums. Damit kann einem Überwachungsstaat und Missbräuchen vorgebeugt werden.

Die automatische Gesichtserkennung dient der nationalen Sicherheit. Sie ermöglicht effizientere Sicherheitskontrollen und erleichtert der Polizei die Arbeit.

Der Anwendungsbereich der Technologie beschränkt sich nicht nur auf die Strafverfolgung. Auch die Suche nach vermissten Personen wird vereinfacht.

Mit einem vollständigen Verbot geht auch sämtlicher Nutzen des technologischen Fortschritts verloren. Angemessener wäre deshalb eine umfassende Regulierung.

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5. Soll die Schweiz das Schengen-Abkommen mit der EU kündigen und wieder verstärkte Personenkontrollen direkt an der Grenze einführen?

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Erläuterungen
Pro
Contra

Grundidee des Schengen-Abkommens ist die Vereinfachung des Reiseverkehrs innerhalb des Gebiets der teilnehmenden Staaten (Schengen-Raum). Das Abkommen hat die systematischen Personenkontrollen zwischen den Schengen-Mitgliedstaaten abgeschafft. Diese finden nur noch an den Aussengrenzen des Schengen-Raums statt. Am Abkommen beteiligen sich 23 EU-Staaten, sowie Norwegen, Island, Liechtenstein und die Schweiz. EU-Staaten, die nicht zum Schengen-Raum gehören, sind Bulgarien, Rumänien, Zypern und Irland. Die ersten drei arbeiten aber daran, die Vorgaben für die Mitgliedschaft im Schengen-Abkommen zu erfüllen.

Waren- und Zollkontrollen sind kein Bestandteil des Abkommens und werden weiterhin an allen Grenzen durchgeführt. Besteht ein konkreter polizeilicher Verdacht, können auch Personenkontrollen, sowie mobile Kontrollen im grenznahen Raum durchgeführt werden. Ebenfalls zum Schengen-Abkommen gehört eine engere Zusammenarbeit der Sicherheitsbehörden (z.B. über das Schengener Informationssystem (SIS) mit Datenbanken und automatisierter Personenfahndung), sowie ein gemeinsames Visum für den gesamten Schengen-Raum (z.B. für Reisende aus Drittstaaten).

In ausserordentlichen Situationen, wenn eine ernsthafte Bedrohung der öffentlichen Ordnung oder der inneren Sicherheit vorliegt, kann jedes Schengen-Mitglied für bis zu sechs Monate wieder systematische Personenkontrollen an den Grenzen einführen. Solche befristeten Grenzkontrollen können auch eingeführt werden, sollte ein Schengen-Staat seine Aussengrenze nicht ausreichend schützen.

  • Nur mit permanenten und systematischen Personenkontrollen an der Grenze kann die Einreise von kriminellen Personen (z.B. „Kriminaltouristen“) wirkungsvoll bekämpft werden. Punktuelle Kontrollen reichen dazu nicht aus.

  • Die Schengen-Aussengrenzen in Ost- und Südeuropa werden nur sehr schlecht kontrolliert und geschützt. Folglich sind strengere Kontrollen an der Schweizer Grenze notwendig.

  • Die Schweiz beteiligt sich ohne das Schengen-Abkommen nicht automatisch am Küsten- und Grenzwachsystem Frontex.

 

  • Die Wiedereinführung von systematischen Personenkontrollen wäre sehr teuer und würde zu grossen Problemen im alltäglichen grenzüberschreitenden Verkehr führen (z.B. lange Wartezeiten an der Grenze). Leidtragende wären primär Grenzgänger/-innen und Personen, die nahe an der Grenze wohnen.

  • Die internationale Zusammenarbeit und der Austausch von Informationen dank den Dublin- und Schengen-Abkommen bringen mehr Sicherheit. Ein Alleingang der Schweiz wäre folglich ein Sicherheitsrisiko.

  • Die Kündigung des Schengen-Abkommens würde automatisch die Dublin-Zusammenarbeit beenden und wirtschaftliche Nachteile für die Schweiz erbringen.

  • Die Tourismusbranche wäre stark betroffen wegen einem Rückgang der Tourist/-innen. Die Schweiz müsste ein eigenes Visa-System einführen.

  • Die Kosten im Asylbereich würden sich stark erhöhen.

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